Kirch Media und der Sport
oder: Lernt der F*** vom Eishockey?



"Vom Eishockey lernen heißt verlieren lernen" - diesen Spruch sollten sich die Herren F***-Manager - egal ob von Vereinen (GmbHs, AGs ...) oder vom Verband (DFB etc.) - mit fettem Edding hinter die Ohren schreiben. Wobei "verlieren" hier nicht negative Spielergebnisse meint, sondern das Schwinden von Medienresonanz, öffentlichem Interesse, Sponsoren und Fans. Und: Wer sich freiwillig verkauft, darf sich anschließend nicht beim Käufer beschweren.

Doch zur Nachhilfe für die "Kollegen" vom F***, hierzu ein Rückgriff auf die jüngere Mediengeschichte unseres Sports: Natürlich hat die DEL schnell zugegriffen, als sich Premiere und DF1 - damals noch konkurrierende Unternehmen auf dem Pay-TV-Markt - mittels Senderechten bekriegten. Zu verlockend klangen die Zahlen, 1,7 Millionen Mark pro Club und pro Saison. Wer konnte dazu schon "Nein!" sagen? Die DEL-Führung um Bernd Schäfer Ill jedenfalls nicht. Zur Erinnerung: Die Senderechte für die Saison 95/96 lagen bei Premiere (damals noch Bertelsmann) sowie bei ARD und ZDF. In der Sommerpause kam dann das verlockende Angebot von DF1 (Taurus Film, Leo Kirchs Pay-TV-Unternehmen): ein hoch dotierter Fünf-Jahres-Vertrag lockte, und bis zum Saisonstart hatte man alle vergrault, denn Premiere mit seinen anerkannten Experten (Günther-Peter Ploog!) wurde - trotz bestehender Verträge! - ausgebremst, übertragen durfte DF1.

Gelackmeiert waren die folgenden:

  • Eishockeyfans mit Premiere-Verträgen, die sie sich in Erwartung der Übertragung dort geleistet hatten.

  • Öffentlich-rechtliche Sender, die sich ebenfalls ausgeschlossen fühlten - und ihre Eishockey-Berichterstattung konsequenterweise herunterfuhren bzw. einstellten

  • Eishockeyfans, die ihren Sport deshalb nicht einmal mehr im sog. Free TV verfolgen konnten

  • Sponsoren von Eishockey-Mannschaften, die mediale Blickkontakte - das ist das, worauf es den Marketing-Menschen ankommt - mit der Lupe suchen mußten: z.T. sahen gerade einmal 12.000 Zuschauer ein Pay-TV-DEL-Match!

  • Die Vereine / GmbHs selbst, denen trotz großzügiger Finanzspritzen vom Pay TV immer wieder das Geld ausgeht - wer nicht oder kaum medial präsent ist, hat es naturgemäß schwer, Sponsoren oder auch nur neue Fans zu gewinnen.
Seien wir doch einmal ehrlich: Selbst in der Goldgräberzeit des Taurus-Vertrags hat es die DEL nicht geschafft, sich finanziell nicht zu übernehmen - von Gewinn gar nicht zu reden. Immerhin haben die Capitals trotzdem ca. 24 Mio. Miese angehäuft, immerhin waren sowohl die Haie (nach ihrer letzten Meisterschaft) als auch die Adler (nach ihrer vorletzten) faktisch pleite. Daß es bei den Capitals nicht einmal zu einer (erkauften) Meisterschaft gereicht hat - that's Capitalism, Capitals ... Hinzu kommen noch die diversen Lizenzverkäufe, die Rückzieher und Pleiten, die (verschleppten) Konkurse und die (angedrohten) Insolvenzverfahren. Wie gesagt, trotz der 1,7 Mio., die Jahr für Jahr sicher waren. Dann war da noch der Machtkampf DEL/DEB, Modusdiskussionen sowie die "üblichen" Streitereien auf Funktionärsebene - ein ideales Umfeld, um für seine Produkte zu werben. Ein ideales Umfeld auch, um neue Menschen für den Sport zu interessieren. So ideal, daß man jedes Jahr aus einem Pool von Ligensponsoren auswählen kann, und auch der prominente Platz auf den Trikots der Puckhelden heiß begehrt ist. So ideal, daß 99 % der Deutschen im Schlaf die Topskorer der letzten fünf DEL-Jahre aufsagen können. So ideal, daß sich am Eishockeystandort München die Fans um Restkarten an der Abendkasse prügeln. Und letztlich so ideal, daß sogar das ZDF ein eigenes "SPORTstudio" dem Eishockey widmet ...

So ist es aber nicht, wie wir wissen. Stattdessen zerplatzte Blasen allüberall - und der F*** schickt sich an, den Mist nachzumachen. Das "Konzept ran" ist nach nicht einmal einem Monat gescheitert - 1,67 Mio. Zuschauer, das hatten "wir" übrigens auch schon mal. Hätten wir wahrscheinlich bei der WM locker erreicht, wenn nicht auch DEB bzw. IIHF den Weg der DEL gegangen wären: Viel Geld von Kirch, dafür darf kaum jemand zuschauen. Deutschland-Tschechien im Free-TV, danach Deutschland-Kanada, und spätestens im Viertelfinale wären die Quoten explodiert - siehe Basketball-EM. Aber nein, wer Eishockey sehen will, der muß sich vor Ort einfinden oder eine d-box besitzen.

Wie jetzt auch und immer mehr im F***: Stadion oder "Brämäre Wörld" (F. Beckenbauer), so heißen jetzt auch die Alternativen beim Rasensport. Denn um die potentiellen Abonennten zu werben, muß Kirch das "freie" Angebot verknappen. Und die Funktionäre spielen brav mit - die Entwicklung beim Eishockey haben sie wohl nicht mitbekommen, denn das kam ja eh nicht (mehr) vor in Presse, Rundfunk und Fernsehen.

Etwas besser als wir haben es F***-Fans und -Funktionäre allerdings schon, denn beim "Volkssport Nummer eins" wurde seitens der Regierenden auf eine Wahrung der "medialen Grundversorgung" wert gelegt. Nationalmannschaftsspiele, WM-Eröffnung und -Finale etc. müssen frei empfangbar sein. Interessant hierzu ein Brief aus Frankreich, der Leo Kirch vor kurzem beim Frühstück wohl schwer verärgert haben dürfte, und den sich die deut-schen F***-Manager einmal genau durch-lesen sollten. Denn Frankreichs Jugend- und Sportministerin Marie-George Buffet schrieb an FIFA-Chef Blatter, dieser solle seinen Medienpartner Kirch darauf hinwei-en, daß die französischen Sender nicht bereit wären, die geforderten 300 Mio. DM für die WM 2002 zu bezahlen. 120 Mio. DM sind die Rechte maximal wert, mehr sei aus Frankreich nicht zu erwarten. Doch es kommt's noch dicker, und ich zitiere hier die SZ vom 28.8.01:

"Frau Buffet weist auf die Drohungen europäischer Senderchefs hin, die nur ein Minimum ausstrahlen wollen, sollte Kirch bei den in ihren Augen überhöhten Preisforderungen bleiben: Eröffnungsspiel, Halbfinale, Endspiel, Spiel um Platz drei. Buffet zu Blatter: "Ich bin überzeugt, dass die Fifa die Kirch-Gruppe an ihre Verantwortung zu erinnern weiß.""

Kommt bekannt vor, der öffentlch-rechtliche Rückzug. Und er findet ja bereits statt: Zwar berichten die öffentlich-rechtlichen Sender weiterhin, doch reduziert über die Bundesliga. Mätzchen wie das Verweigern von Interviewpartnern für "Blickpunkt Sport" konnten sich längerfristig nicht einmal die Bayern erlauben. Und richtig, eine Woche nach dem Boykott war der Maiersepp da und durfte seine x-te König-Ludwig-Uhr abholen. Vielleicht bedienen sich die "freien" Sender auch beim F*** einfach einmal ihrer Macht und schicken die Uhren einfach zu, versehen mit einer Kurzmitteilung: "Auf Ihr persönliches Erscheinen wird momentan kein Wert gelegt. Versuchen Sie's bei Sat1 oder Premiere, oder kommen Sie nächstes Jahr wieder. Wir berichten gerade vom Spitzenreiter der DEL, da paßt ein Studiogast Lorant / Beckenbauer / Augenthaler nicht ins Konzept." - von Frankreich lernen heißt siegen lernen?

Erste Konsequenzen sind auch schon sichtbar: Werder Bremen spielt "oben ohne", die Hertha wirbt für ein eingestelltes Produkt (o.tel.o) - und ob die "ran"-Quoten um 19.00 Uhr wieder ihr Niveau vom letzten Jahr erreichen werden, ist ebenfalls noch nicht beantwortet.

Der F*** hat also ein Problem. Leo Kirch (mittlerweile Sat1, Premiere World u.a.) auch, sogar ein massives. Hinzu kommen auslaufende Kredite, die demnächst zurück gezahlt werden müssen. So verwundert es nicht, wenn selbst einem U. Hönes, Ober-Bayer aus Ulm, schon ein verräterisches Statement herausrutscht: Zwei Mark mehr Rundfunkgebühr, damit auch ARD und ZDF wieder mitmachen können im Preispoker um die F***-Rechte. Bereitet da nicht eine Ratte schon die Flucht vom sinkenden Kirch-Schiff vor? Hönes scheint es egal zu sein, von wem die Mäuse kommen, mit denen er seine Millonarios finanziert. Und in diesem Fall ist m.E. die Finanzierung durchs Pay-TV die "gerechtere" Lösung, denn hier zahlt der, der's sehen will. Dagegen sehe ich nicht ein, den FC Bayern mit monatlich zwei Mark (oder auch nur einen Bruchteil davon) via GEZ alimentieren zu müssen - ich würde ja eh viel lieber stattdessen Eishockey sehen und liefere mein Geld bei den Panthern ab ...

Die sinkenden "ran"-Quoten könnten auch auf ein weiteres Problem der Bundesliga hinweisen: Mangelnde Identifikation seitens der Fans - warum sonst war sogar das Freundschaftsspiel gegen Ungarn - im Gegensatz zur "ran"-Liga - so viele "Blickkontakte" wert? Auch dieses Phänomen hätten die F***-Funktionäre bei genauer Analyse der Eishockey-Situation entdecken (und verhindern) können. Nach Bosman wurde in der DEL der Weg frei gemacht für (teure) ausländische Stars. Und auch in der Bundesliga schafft man es heutzutage ohne deutsche F***er bis auf Platz 3. Folgen: Die Hardcore-Fans befinden sich auf den - wenn noch vorhan-denen - Stehrängen, und wer sich's leisten kann (und will), schaut Premiere World. Den Rest interessieren gerade noch die Ergebnisse, und dazu reicht die Tagesschau bzw. das Radio. Weshalb auch hier Kirch die Daumenschrauben anzog und ein "Heute im Stadion light" durchsetzte.

Die sog. Öffentliche Meinung hat er damit - und mit seinen anderen medienpolitischen Eskapaden - ganz gewiß nicht hinter sich gebracht, auch wenn sein Co-Finanzier Springer (noch) die mediale Werbetrommel rührt. Und so mag es nicht einmal der der bekennende BVB-Fanatiker Schröder seiner Doris zumuten, den Samsatgabend mit "ran" zu verschwenden.

Nicht nur deshalb frage ich mich, warum die Eishockey-Funktionäre nicht (mehr) Kapital aus dieser Situation schlagen. Einzelne Kooperationen mit diversen Dritten können da nur ein Anfang sein, denn das Ziel für das deutsche Eishockey kann nur heißen: Zurück ins frei empfangbare Fernsehen! Und zwar mit aller Macht, d.h. mit der Nationalmannschaft (wo liegen eigentlich die Olympiarechte fürs Eishockeyturnier in Salt Lake City?) und auch mit der DEL. Denn so viel Geld vom Fernsehen wie von 1996 bis 2000 wird es wohl nie mehr geben für die deutsche Eishockey-Eliteliga, denn damals herrschten aufgrund der Konkurrenzsituation zwischen Bertelsmann und Kirch noch andere Verhältnisse. Mittlerweile ist die DEL nichts anderes als ein Bittsteller, der sich über jede gesendete Minute freuen muß - der Weg zurück an den Platz, den das Eishockey verdient, dürfte steinig werden. Und Steine auf Eis werden leicht zur Stolperpartie ...